Hoch-gereinigt, hoch dosiert: Fischöl-Derivat in der REDUCE-IT-Studie begeistert AHA-Kongress

November 2018 – Nachdem in jüngster Zeit eine Vielzahl von Studien mit Omega-3-Fettsäuren-Supplementierung eher enttäuschende Ergebnisse für die Prävention von Herz-Kreislauferkrankungen gezeitigt hatten, erscheint nun alles anders: Die mit Spannung erwartete Vorstellung der Ergebnisse der REDUCE-IT-Studie verblüffte und begeisterte die Wissenschaftler auf dem AHA-Kongress in Chicago, denn durch die hoch dosierte Gabe von Ethyl-Eicosapentaensäure, ein gereinigtes Derivat einer Omega-3-Fettsäure, ließ sich bei Hochrisiko-Patienten das Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis signifikant und um 25 % senken.

Insgesamt wurden in die REDUCE-IT-Studie 8.179 kardiovaskuläre Risiko-Patienten mit erhöhten Triglyzerid-Werten (135 bis 500 mg/dl) und Statin-Therapie (LDL-Werte zwischen 41 bis 100 mg/dl) eingeschlossen. Bei 70 % von ihnen war eine kardiovaskuläre Erkrankung diagnostiziert, bei 30 % lagen ein Diabetes mellitus und mindestens ein weiterer kardiovaskulärer Risikofaktor vor.

In der randomisiert-kontrollierten Doppelblindstudie erhielt die Verum-Gruppe zweimal täglich je 2 Gramm des EPA-Derivats, die Placebo-Gruppe bekam zweimal täglich Kapseln mit einer Mineralöl-Aufbereitung. Nach Ende der Beobachtungszeit von durchschnittlich 4,9 Jahren war bei 17,2 % der mit dem EPA-Derivat behandelten Patienten und bei 22 % Patienten der Placebo-Gruppe ein Ereignis des primären kombinierten Endpunktes (kardiovaskulär bedingter Tod, nichttödlicher Myokardinfarkt oder Schlaganfall, Hospitalisierung wegen instabiler Angina pectoris oder koronarer Revaskularisation) eingetreten. Dieses entspricht einer signifikanten Risikoreduktion um 25 % bzw. einer Number Needed to Treat (NNT) von lediglich 21.

Alle einzelnen und zusammengesetzten ischämischen Endpunkte waren in der EPA-Gruppe signifikant seltener – einschließlich plötzlicher Herztod und Herzstillstand. Diskutiert wurde auf dem AHA-Kongress, dass die beeindruckenden Ergebnisse sich eigentlich nicht allein durch die gesenkten Triglyzerid-Werte (durchschnittliche Reduktion um ca. 18 %) erklären ließen. Da in der Verum-Gruppe unter der 4-Gramm-Tagesdosis mehr Blutungen auftraten, könnte auch ein zusätzlicher anti-thrombotischer Effekt vorliegen. Ebenso könnte es möglich sein, dass durch das hoch dosierte EPA-Derivat ein Zellmembran-stabilisierender Effekt initiiert wird.

Bei aller Begeisterung gab es jedoch auch einen wesentlichen Kritikpunkt: Die Mineralöl-Kapseln der Placebo-Gruppe könnten einen negativen Effekt auf die Statin-Resorption und möglicherweise auch proinflammatorische Wirkungen ausgeübt haben. Allerdings, so die vorherrschende Meinung, wären hierdurch die großen signifikanten Unterschiede in den beiden Gruppen nicht erklärbar.

Im Gegensatz zu den vor allem in der Primärprävention eingesetzten Fischölkapseln ist das hoch gereinigte EPA-Derivat verschreibungspflichtig. Bei der ebenfalls in Chicago vorgestellten VITAL-Studie zeigte die übliche Omega-3-Supplementierung mit täglich 1 g Fischöl (EPA und DHA) wiederum keine Effekte – weder in der kardiovaskulären noch in der Krebsprävention. Aber mit dem EPA-Derivat Ethyl-Eicosapentaensäure scheint nun sowieso eine neue Ära beim Thema Fischöl angebrochen zu sein.

Quelle: D. Bhatt et al; Cardiovascular Risk Reduction with Icosapent Ethyl for Hypertriglyceridemia; NEJMoa1812792 , 10. November 2018

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