Neue Europäische Bluthochdruck-Leitlinie: Zielkorridore, Single-Pill-Strategie – und der Streit um die Salzzufuhr bleibt

September 2018 – Auf dem ESC-Kongress in München wurde die neue europäische Hochdruckleitlinie der ESH vorgestellt und intensiv diskutiert. Im Gegensatz zu der neuen Leitlinie in den USA wurde der systolische Grenzwert nicht auf 130 mmHg gesenkt, die europäische Leitlinie setzt vielmehr auf Zielkorridore. Primäres Ziel ist dabei der Bereich zwischen 130 und 139 mmHg (Standard). Bei guter Therapieverträglich sollte der ehrgeizige Korridor zwischen 120 und 129 mmHg angestrebt werden. Eine Senkung unter 120 mmHg sollte bei Patienten mit manifestem Hypertonus nicht erfolgen, da das Risiko für unerwünschte Effekte eventuell größer ist als mögliche Vorteile, die sich durch eine Senkung unter 120 mmHg erreichen lassen.

Bei der Erstdiagnose Bluthochdruck und ausbleibenden Effekten durch eine Verbesserung des Lebensstils soll grundsätzlich mit einer Zweifachkombination gestartet werde (ACE-Hemmer oder Angiotensin-Rezeptor-Blocker plus Kalzium-Antagonist oder Diuretikum). Hierdurch kann niedriger dosiert und somit oftmals eine bessere Verträglichkeit erzielt werden. Präferiert wird eine Single-Pill-Strategie, da hierdurch eine bessere Compliance der Patienten erwartet wird.

Der hohe Stellenwert von Lebensstilmaßnahmen (Steigerung der körperlichen Aktivität, Normalisierung des Körpergewichts, Rauchstopp, Ernährungsmaßnahmen) bleibt auch bei der neuen Leitlinie bestehen, sie bilden die Basis jeder Bluthochdrucktherapie und sollten konsequent umgesetzt werden. Nur hinsichtlich der Salzzufuhr geht die Diskussion unvermindert weiter. Die Leitlinie setzt unverändert auf eine Begrenzung der Salzzufuhr unter 5 Gramm pro Tag. Das gefällt vielen Wissenschaftlern nach den jüngsten Daten der PURE-Studie nicht. Denn in der untersten Terzile der Natriumaufnahme wurde ein leichter Anstieg der Herzinfarktrate und der Mortalität beobachtet.

Ein Zielwert von etwa 7,5 Gramm Kochsalz pro Tag erscheint daher vielen Wissenschaftlern deutlich sinnvoller und auch eher mit der Ernährungsrealität der Menschen in Einklang zu bringen. Insbesondere, wenn gleichzeitig eine Steigerung der Kaliumzufuhr erreicht werden kann.

Quellen:

2018 ESC/ESH Guidelines for the management of arterial hypertension: The Task Force for the management of arterial hypertension of the European Society of Cardiology and the European Society of Hypertension

Williams, Bryan, (ESC Chairperson) (UK)*; Mancia, Giuseppe, (ESH Chairperson) (Italy)*; Spiering, Wilko, (The Netherlands); Agabiti Rosei, Enrico, (Italy); Azizi, Michel, (France); Burnier, Michel, (Switzerland); Clement, Denis L., (Belgium); Coca, Antonio, (Spain); de Simone, Giovanni, (Italy); Dominiczak, Anna, (UK); Kahan, Thomas, (Sweden); Mahfoud, Felix, (Germany); Redon, Josep, (Spain); Ruilope, Luis, (Spain); Zanchetti, Alberto, (Italy)†; Kerins, Mary, (Ireland); Kjeldsen, Sverre E., (Norway); Kreutz, Reinhold, (Germany); Laurent, Stephane, (France); Lip, Gregory Y.H., (UK); McManus, Richard, (UK); Narkiewicz, Krzysztof, (Poland); Ruschitzka, Frank, (Switzerland); Schmieder, Roland E., (Germany); Shlyakhto, Evgeny, (Russia); Tsioufis, Costas, (Greece); Aboyans, Victor, (France); Desormais, Ileana, (France) Authors/Task Force Members:

Journal of Hypertension: October 2018 – Volume 36 – Issue 10 – p 1953–2041

Mente, M. O’Donnell, S. Rangarajan et al.;

Urinary sodium excretion, blood pressure, cardiovascular disease, and mortality: a community-level prospective epidemiological cohort study; The Lancet. 2018; 392: 496-506

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