Lipoprotein(a)-Tests: Nutzen zur Risiko-Abschätzung bei atherosklerotischen kardiovaskulären Erkrankungen und deren Prävention

Hohe Lipoprotein(a) (Lp(a)) Konzentrationen werden mit einem erhöhten Risiko für atherosklerotische kardiovaskuläre Erkrankungen (ASCVD) in Verbindung gebracht. Die aktuellen ESC/EAS-Leitlinien empfehlen daher die einmalige Messung von Lp(a) bei jedem Menschen zur individuellen Risikostratifizierung sowie zum Familienscreening mit Anamnese von vorzeitiger ASCVD.

Lp(a) wird bisher in der klinischen Praxis noch nicht routinemäßig gemessen. Aus diesem Grund fehlen präzise Angaben zu den medizinischen Parametern, die im Zuge der Lp(a)-Messung erhoben werden. Ob ein Zusammenhang zwischen Lp(a)-Tests, den nachfolgenden medizinischen Behandlungen, auftretenden klinischen Ereignissen und dem Überleben der Patienten besteht, sollte in einer groß angelegten Studie genauer analysiert werden.

Studie untersucht Zusammenhang zwischen Lp(a)-Tests und einer ASCVD Diagnose
Datensätze von 4 Millionen Patienten, die sich einer Lp(a)-Messung unterzogen haben, wurden in einer großen, für die deutsche Bevölkerung repräsentativen Datenerhebungsstudie charakterisiert. Die Patienten wurden über einen Zeitraum von maximal 4 Jahren nachbeobachtet. Anschließend konnte mit Hilfe der gewonnenen Daten beurteilt werden, inwieweit die erhobenen Daten einer Lp(a)-Messung zu nachfolgenden medizinischen Behandlungen geführt haben und die Daten mit dem Auftreten von ASCVD-Ereignissen in Verbindung gebracht werden konnten.

Vor Beginn der Studie wurden Lipoprotein(a)-Tests in Deutschland bei weniger als 1 % der Patienten mit nachgewiesener ASCVD und innerhalb der Allgemeinbevölkerung bei weniger als 0,5 % durchgeführt. Die Testhäufigkeit stieg jedoch im Laufe der vier Studienjahre an. Patienten, bei denen ein Lp(a)-Test durchgeführt wurden, wiesen eine höhere Anzahl von Begleiterkrankungen auf und wurden häufiger wegen kardiovaskulärer Erkrankungen ins Krankenhaus eingeliefert. Es konnte gezeigt werden, dass die Gesamtmortalität bei Personen mit und ohne Lp(a)-Test in der Gesamtpopulation ähnlich war.

Niedrigere Mortalität bei Lp(a)-getesteten Patienten mit Vorerkrankungen im Vergleich zur Kontrollgruppe
Interessanterweise war die Sterblichkeitsrate von Patienten mit früheren ASCVD-Ereignissen und Lp(a)-Tests im Vergleich zur entsprechenden Kontrollgruppe (ASCVD-Ereignisse ohne Lp(a)-Test) niedriger. Der Lp(a)-Test ging mit einer Intensivierung der Behandlung, vermehrten Labortests sowie häufigeren Besuchen bei Ärzten, die auf die Behandlung von Herz-Kreislauf-Patienten spezialisiert sind, einher.

Insgesamt belegen die Daten den hohen Stellenwert von Lp(a)-Messungen für die Risikostratifizierung. Laut der Autoren ist eine Lp(a)-Testung mit positiven Auswirkungen auf die klinischen Ergebnisse verbunden, was wiederum durch die Assoziation der Lp(a)-Testung mit einer intensivierten präventiven Behandlung zu erklären ist.

In den letzten Jahren sind immer mehr Nachweise durch Studien erbracht worden, die für eine kausale Rolle von Lp(a) bei der Entwicklung verschiedener Arten von ASCVD sprechen. Aus diesem Grund lautet die gemeinsame Empfehlung der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) und der Europäischen Atherosklerosegesellschaft (EAS), Lp(a) bei Patienten mit vorzeitiger Atherosklerose, bei Personen mit hohem Risiko für ASCVD und mit signifikanter Familienanamnese für ASCVD zu messen. Wie Dr. Paulina Stürzebecher vom Universitätsklinikum Leipzig erklärt, besteht der Grundgedanke hinter diesen Empfehlungen darin, Personen und Familienmitglieder mit hohem Risiko zu identifizieren, die von einer intensiven Prävention einschließlich einer intensiveren LDL-C-Senkung profitieren.

Originalpublikation: Stürzebecher PE, Schorr JJ, Klebs SHG, Laufs U. Trends and consequences of lipoprotein(a) testing: Cross-sectional and longitudinal health insurance claims database analyses. Atherosclerosis. 2023 Feb;367:24-33. doi: 10.1016/j.atherosclerosis.2023.01.014. Epub 2023 Jan 20. PMID: 36764050.

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