November 2018 – Eigentlich kaum zu glauben: Unter den 22 westeuropäischen Staaten bildet Deutschland das Schlusslicht bei der Lebenserwartung – zu diesem Ergebnis kommt eine aktuell im Lancet veröffentliche Auswertung der Global Burden of Disease (GBD) Study, die von der Bill and Melinda Gates-Stiftung gefördert wird. Besonders schlecht schneiden Deutschlands Männer ab, mit einer Lebenserwartung von 78,2 Jahren für Neugeborene haben sie von allen westeuropäischen Staaten die ungünstigste Prognose. Mädchen, die heute in Deutschland geboren werden, können immerhin mit durchschnittlich 83,1 Jahren Lebenszeit rechnen, etwas besser als die Frauen in Großbritannien und Dänemark (82,7 Jahre). Bei der Gesamtbetrachtung von Jungen und Mädchen ist Deutschland aber das absolute Schlusslicht in Westeuropa.
Die Spitzenplätze im positivem Sinne belegen bei den Männern die Schweizer (82,1 Jahre) – und überhaupt die allerbesten Aussichten haben in Westeuropa Spaniens Frauen mit 85,8 Jahren Lebenserwartung. Allerdings – im Vergleich zu der Lebenserwartung in Osteuropa sieht es für Deutschland dann nicht so schlecht aus – im Durchschnitt beträgt sie in diesen Ländern derzeit für Männer nur 66,4 Jahre, Frauen können in Osteuropa mit 77,2 Jahren rechnen.
Die statistischen Aussichten verbessern sich im Vergleich mit anderen westeuropäischen Ländern auch nicht, wenn man die Lebenserwartung der heute 60jährigen in Deutschland betrachtet. Männer können derzeit nur noch mit 21,6 Jahren Lebenszeit rechnen, bei Frauen sind es immerhin noch 25,1 Jahre. Auch bei dieser Betrachtungsweise sind wir zusammen mit Dänemark das Schlusslicht in Westeuropa.
Da in Westeuropa besonders Länder wie Spanien, Griechenland und andere Mittelmeerländer bei der Lebenserwartung gut abschneiden, könnte einer der Gründe für die Unterschiede der Lebensstil sein. Die kardiovaskulären Risikofaktoren Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Übergewicht und Rauchen sind in Deutschland bekanntlich besonders häufig, der schlechte Lebensstil hinsichtlich Ess- und Trinkgewohnheiten scheint seinen Preis hinsichtlich der Lebenserwartung zu haben.
Und all das, obwohl das deutsche Gesundheitssystem bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt nach der Schweiz das zweitteuerste in Europa ist. Vielleicht bringt ja die neueste Auswertung der GBD-Studie die Akteure im deutschen Gesundheitswesen endlich dazu, die seit Jahren stagnierenden Aufwendungen für Prävention zu erhöhen.
Quelle: Global, regional, and national age-sex-specific mortality and life expectancy, 1950–2017: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2017; GBD 2017 Mortality Collaborators; Lancet 2018; 392: 1684–735